„Die Welt, wie wir sie kennen, wird untergehen.“ Das klingt reichlich dramatisch – zumindest als Headline auf dem Rücken eines Bilderbuches, das in einem Kinderbuchprogramm erscheint. Mit Kinderbüchern assoziieren wir gerne heile Welt und Sonnenschein, und wenn schon was Revolutionäres, dann bitte im Stil von Pippi Langstrumpf, die macht, was ihr gefällt. Und bloß keine Katastrophenszenarien, von wegen Apokalypse, Supergau, Weltuntergang. Mit Angst lässt sich doch keine Zukunft bauen.
Um über diese Zukunft, die uns der Klimawandel bringt, mitzuentscheiden, sollte man sich die verschiedenen Möglichkeiten aber zumindest vorstellen können. Genau dafür bietet das Buch von Andrea Paluch (Text) und Annabelle von Sperber (Illustration) einen wunderbaren Ausgangspunkt. Es öffnet im wahrsten Sinne Vorstellungsräume – in zwölf Zukunftsbildern: „wunderschön, erschreckend und inspirierend“.
Diese zwölf „schönsten Weltuntergänge“ erlebt eine Familie – Vater, Mutter, Oma, drei Kinder, Hund – und es gilt, sie auf den Bildern zu entdecken. Begleitet wird das drei Viertel einer Doppelseite einnehmende Bild jeweils von einem Text, der das Leben der Familie im jeweiligen Zukunftsszenarium schildert. Auf diese Weise entsteht eine Unmittelbarkeit, die Zukünfte erst vorstellbar macht. Wenn die Oma nach der großen Flut auf Seegras Kartoffeln anbaut und die Kinder nur nach absolviertem Schwimmschein in die Schule dürfen. Wenn Essen, Kleidung, Baumaterial aus einem technischen entsprechend dem natürlichen Kreislauf kommt und es weder Luftverschmutzung noch Müllberge gibt.
„Die Menschen leben in großen Raumschiffen. Wie in einer Stadt gibt es dort alles, was zum Leben gehört: Kinos, Cafés, Spielplätze. Nur Geschäfte gibt es nicht. Pflanzen sorgen für die Luft zum Atmen. Für Tiere ist kein Platz.“
So ein bisschen Katastrophe bietet eben auch „Stoff für Visionen, Gespräche und Träume“. Alle Tiere sind frei: Da wird ein Schulausflug ins Schlachthof-Museum vorstellbar. Eine Welt ohne Grenzen: mit einer Weltregierung, die dafür sorgt, „dass es überall gerecht zugeht“. Best-case-Szenario! Die Erde ohne Menschen: „Die Menschen haben ihre Lebensgrundlagen kaputt gemacht und sind ausgestorben.“ Worst-case-Szenario.
Sollen wir nicht vielleicht doch „die beste aller möglichen Welten“ (G. W. Leibniz) – diese eine, in der wir im Hier und Jetzt, der Gegenwart, in immer drei Sekunden in Folge, leben – wertschätzen und wertschätzend behandeln? Was dann folgen könnte oder nicht, zeigt dieses Buch in detailreich ins Bild gesetzten und anschaulich erzählten Zukunftsszenarien.
Andrea Paluch / Annabelle von Sperber:
Was wird aus uns? Zwölf aufregende Zukunftsbilder
Klett Kinderbuch
ISBN 978-3-95470-255-8