Als Julia Margaret Cameron am 15. Juni 1815 in der Metropole Kalkutta der damaligen britischen Kolonie Indien geboren wurde, war nicht vorherzusehen, dass sie eine der wichtigsten Fotografinnen des 19. Jahrhunderts werden würde.
Der Franzose Joseph Nicéphore Niépce entwickelte knapp ein Jahrzehnt nach ihrer Geburt die erste taugliche fotografische Technik, die Heliografie und schuf 1826 die erste bis heute erhaltene Fotografie, den Blick aus seinem Arbeitszimmer und es sollte noch Jahrzehnte dauern bis Julia Cameron diese künstlerische Technik, die noch in den Kinderschuhen steckte, für sich entdecken würde.
Julia Margaret verbrachte eine behütete Kindheit – ihr Vater war leitender Angestellter der East India Company – und später ein ebenso geordnetes Leben als Hausfrau und Mutter. Sie heiratete einen 20 Jahre älteren Juristen, mit dem sie nach dessen Pensionierung 1848 nach Großbritannien übersiedelte. Die Camerons ließen sich im Londoner Stadtteil Kensington, einem bei Künstlern und Intellektuellen beliebten Viertel, nieder. Bald erwarben sie ein größeres Anwesen, das sie Dimbola Lodge nannten. Es sollte Dreh- und Angelpunkt von Camerons fotografischer Arbeit werden. Als sie im Jahr 1863 eine Kamera als Geschenk ihrer Tochter erhielt, entwickelte sich aus dem anfänglichen Interesse für die Fotografie bald eine große Leidenschaft und Julia Margaret begann, die prominenten Gäste, die sich in der Dimbola Lodge einfanden, zu porträtieren.
Dabei entstanden einfühlsame Porträts, die die Persönlichkeiten der Menschen hinter den Bildern in den Fokus rückten. Für Julia Margaret Cameron der Beginn einer Künstlerkarriere im fortgeschrittenen Alter von 48 Jahren.
Neben den Porträt-Arbeiten schuf Cameron auch eine Vielzahl fantasiereicher Arrangements, für die sie unterschiedlichste Vorbilder nutzte. Figuren des Alten und Neuen Testaments finden sich ebenso wie Darstellungen aus der Mythologie des griechischen Altertums und sagenumwobene Helden der englischen Literatur. Wesentliche Vorbilder für die Bildgestaltung waren für sie vor allem auch die Werke der Präraffaeliten, eine Künstlergruppe, die sich um 1850 in England formiert hatte.
Eine der bekanntesten Fotoserien, die Cameron anfertigte war, wohl eine Abfolge von Bildern, die Szenen aus der Artussage zum Inhalt hatten. Entstanden sind die Bilder im Auftrag von Alfred, Lord Tennyson, der für eine Neuauflage seines Gedichtszyklus Idylls of the King, der die Geschichte von König Artus zum Inhalt hat, Cameron um passende Fotos bat. Sie stimmte zu, verkleidete Familie und Freunde und machte etwa 245 Aufnahmen. Nur einige wenige fanden Aufnahme ins Buch.